Artillerie gewinnt wieder an Wichtigkeit
Im Museum im Zeughaus drehte sich am vergangenen Samstag alles um die Artillerie. Mit Blick auf den Ukrainekrieg analysierte Brigadier Yves Gächter deren Rolle und erläuterte die Konsequenzen für die Schweizer Armee.
Mächtig und durchaus imposant stand am Samstag die kampfwertgesteigerte Panzerhaubitze M109 auf dem Innenhof des Museums im Zeughaus auf der Breite. Das Herzstück der aktuellen Schweizer Artillerie war Teil des militärischen Korsos, welcher im Rahmen des Museumstages die Geschichte der Bogenschuss-Fähigkeiten der Schweizer Armee greifbar machte. Bedient wurde das wirkungsstarke Raupenfahrzeug von einer Besatzung, welche in der neunten Woche ihrer Rekrutenschule oder ihres Abverdienens in der Artillerie- und Aufklärungsschule 31 in Bière Dienst leistet. Unter den Zuschauern verfolgte auch deren Kommandant, Oberst im Generalstab Daniel Spillmann, die Präsentation sowie der Kommandant des Lehrverbandes Panzer und Artillerie, Brigadier Yves Gächter.
Wichtigkeit der Bodentruppen
Lange schon wurde auf höchsten politischen Ebenen die Notwendigkeit und über die richtige Form der Artillerie in der Schweizer Armee diskutiert. Doch dann kam der Krieg in der Ukraine. «Krieg war nicht mehr nur eine abstrakte Idee aus vergangener Zeit, sondern plötzlich wieder bittere Realität», blickte Brigadier Gächter in seinem Referat zurück. Entsprechend interessiert folgten die zahlreichen Besucher den Ausführungen des Experten auf seinem Gebiet unter dem Titel: «Artillerie in der Ukraine und Artillerie der Zukunft». Augenscheinlich würde bei einer Analyse die Wichtigkeit der Bodentruppen herausstechen, betonte Gächter, «und eben auch die wirkungsvolle Artillerie.» Dank dem cleveren Einsatz solcher Systeme sei es den Ukrainern gelungen, die Einnahme von Kiev zu verhindern. Aber auch Russland habe sich die Stärken der Artillerie zunutze gemacht und nach dem «Prinzip der Feuerwalze» in den Gebieten des Donbas Boden gewonnen.
Konsequenzen für die Schweiz
Während die Artillerie früher vor allem als Flächenwaffe eingesetzt wurde, kann diese heute auch Präzisionsmunition einsetzen und habe zusätzlich eine viel grössere Reichweite. Diesbezüglich müsse sich die Schweizer Armee ebenfalls rüsten meinte Gächter. Das heisse zum einen solche Systeme beschaffen und zum anderen die Taktik der eigenen Truppen anpassen. «Nebst neuen Geschützen sollen aber insbesondere auch die Zielaufklärung und die Feuerführung durch den Einsatz von zusätzlichen Sensoren und Drohnen verbessert werden», unterstrich Gächter. Ergänzt werden müssten diese Anstrengungen durch den Einsatz von digitalen Systemen und künstlicher Intelligenz, welche die Zeitspanne zwischen Zielerkennung und dem Effekt am Boden massgeblich verkürzen würden. Im Rahmen einer adaptiven Beschaffung, also einer gestaffelten und dringlichkeitsgesteuerten Priorität, werde sich die Schweizer Armee darum der aktuellen Lage anpassen. Noch mit der Armeebotschaft 2022 wurde diesbezüglich die zusätzliche Beschaffung von 16 Minenwerfern Kaliber 12 Zentimeter beschlossen, welche auf dem Piranha IV Chassis basieren. Ab 2025 sollen neue taktische Aufklärungssysteme auf Mowag Eagle Fahrzeugen in Dienst gestellt und über mehrere Truppengattungen verteilt werden. Somit würden die sensorischen Möglichkeiten massiv ausgebaut und damit auch die Möglichkeiten, das Feuer zu führen. Auch sollen schon dieses Jahr erste Versuche unternommen werden, mit Hilfe von Mini-Drohnen Artilleriefeuer gezielt zu führen, was den Einsatz der Bogenschusswaffen noch effizienter machen würde. Das ambitionierteste Projekt aber sei die Ablösung der heute aktiven kampfwertgesteigerten Haubitzen M109. Auf der Shortlist stünden Systeme aus Deutschland und Schweden. Beide Systeme haben eine Reichweite von bis zu 50 Kilometer, sind hochmobil und flexibel einsetzbar. «Genau, wie es die Erkenntnisse aus dem Krieg in der Ukraine fordern», schloss Brigadier Gächter seine Ausführungen.