GV KOG SH: Stärkung der Schweizer Armee und intakte Verteidigungsfähigkeit gefordert

Die 217. Generalversammlung der Kantonalen Offiziersgesellschaft Schaffhausen wurde im Kantonsratssaal abgehalten. Ob den hochkarätigen Rednern wurden die statutarischen Geschäfte jedoch fast zur Nebensache.

Lokal verankert pflegt die Kantonale Offiziersgesellschaft (KOG) Schaffhausen ihre Aktivitäten jeweils mit der regionalen Wirtschaft oder prestigeträchtigen Örtlichkeiten im Kanton zu verknüpfen. Der Austragungsort der diesjährigen Generalversammlung im Kantonsratssaal war jedoch nicht nur aufgrund der architektonischen Ästhetik passend, sondern auch inhaltlich mehr als angemessen. Noch vor der Versammlung führte der Kantonsratspräsident Erich Schudel gleich selbst in die historischen Geheimnisse des Gebäudes ein, bevor der Fokus auf die aktuelle Weltlage gelegt wurde. Denn eigentlich gingen die statutarischen Geschäfte fast unter, nicht zuletzt dank der speditiven Abhandlung durch den Präsidenten, Major im Generalstab Philipp Zumbühl. Ohne Gegenstimmen winkten die Mitglieder die Geschäfte durch und wählten auch den Vorstand in Globo für ein weiteres Jahr. Für den zurücktretenden Revisor Oberstleutnant ausser Dienst Ralf Scheuermeier konnte mit Oberleutnant ausser Dienst Hannes Leu ein würdiger Nachfolger gefunden werden. Zudem sprachen die Mitglieder Major im Generalstab Nicola Jacky als neues Vorstandsmitglied ihr Vertrauen aus und wählten den frisch gebackenen Generalstäbler einstimmig.

Die Versammlung folgte im statutarischen Teil des Abends vollumfänglich den Anträgen des Vorstandes und wählte die Vorstandsmitglieder einstimmig.

Internationaler Austausch

Auch wenn die statutarischen Geschäfte der eigentliche Grund für die Zusammenkunft der Schaffhauser Offiziere darstellte, stand die aktuelle globale Sicherheitslage prominent im Vordergrund. Dies verdeutlichte schon der erste Redner, welcher direkt aus Ankara online zugeschaltet wurde. Der Verteidigungsattaché Oberst im Generalstab Dieter Wicki, akkreditiert für die Türkei, Georgien und Aserbaidschan, verdeutlichte die Wichtigkeit der Türkei als Drehscheibe bezüglich diverser Krisenherde rund um und in Europa. Zudem verdeutlichte er die Wichtigkeit seiner Funktion für den Austausch und den Dialog mit seinen Pendants anderer Länder. Denn insgesamt seien in der Türkei Attachés aus 140 Ländern vertreten. Die Wichtigkeit der internationalen Zusammenarbeit unterstrich anschliessend auch Brigadier Thomas A. Frey, Kommandant des Lehrverbandes Führungsunterstützung. Er präsentierte die drei übergeordneten Ziele des Chefs der Armee. Nebst der adaptiven Weiterentwicklung der Fähigkeiten soll die Schweizer Armee ebenso die Chancen der Technologien nutzen und damit einen Wissens- und Entscheidungsvorsprung gegenüber einer möglichen Gegenseite schaffen. Zuletzt als dritter Punkt steht die Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit auf der Agenda. Diese stünde nicht im Widerspruch zur Neutralität, sondern schaffe Möglichkeiten der Kooperation mit anderen Ländern im Falle eines eskalierenden Konflikts.

Kurzweilig und interessant referierte Brigadier Thomas A. Frey, Kommandant des Lehrverbandes Führungsunterstützung, über die möglichen Bedrohungen und die nötigen Konsequenzen für die Schweizer Armee.

Verteidigungsfähigkeit erreichen

In den letzten Jahren habe die Schweiz rund 140 Milliarden Friedensdividende gezahlt, heute sei der Zeitpunkt gekommen, dass sich die Schweiz die Realität vor Augen halte. Während hierzulande die Budgetdiskussionen um 1 Prozent des BIP drehen, würde Russland 30 Prozent in die Rüstung investieren. Experten rechneten mit sechs bis acht Jahren, bis Russland materiell bereit sei, noch tiefer in Europa einzudringen. «Die Expansionsgelüste sind klar erkennbar», unterstrich Frey. Dem gegenüber steht der zeitliche Beschaffungshorizont von neuen Systemen in der Schweiz, welcher sieben bis zehn Jahre betrage. Entsprechend zentral sei es, dass die Politik nun die entsprechenden Gelder für die Armee breitstelle, damit die Ausrüstung komplettiert werden könne. Aktuell könnte knapp eine Brigade vollständig ausgerüstet werden. Dazu gehören auch persönliche Ausrüstungsgegenstände, die bei den einzelnen Soldaten fehlen. Denn die Armee in der Schweiz ist nicht ein staatliches Gebilde, sondern wird von Schweizer Bürgern alimentiert, von Söhnen und Töchtern, Brüdern und Schwestern. Unter diesem Gesichtspunkt ist es nur angemessen, diejenigen mit dem nötigen Material auszustatten, welche sich für die Sicherheit der Schweiz engagieren und im schlimmsten Fall ihr Leben riskieren. Entsprechend fordere auch die KOG Schaffhausen eine sofortige Erhöhung des Budgets, um bis 2030 die 1% des BIP zu erreichen, damit unseren Töchtern und Söhnen im Verteidigungsfall die erfolgreiche Erfüllung des Auftrags zu ermöglichen und die dafür notwendige, überlebenswichtige Ausrüstung zur Verfügung stellen zu können. «Eigentlich müssen wir nicht die Verteidigungsfähigkeit stärken, sondern erreichen», betonte Frey zum Schluss. Rückblickend war die Schweiz beim Ausbruch des zweiten Weltkrieges nicht bereit, daraus sollten die Konsequenzen gezogen werden.

Informieren und korrigieren

Die Wichtigkeit einer funktionierenden Schweizer Armee haben ebenso die Vertreter der Schaffhauser Politik unterstrichen. Im Namen des Regierungsrates überbrachte Martin Kessler die Grussbotschaft. Aktuell würden in der Politik noch Luxusprobleme diskutiert, dabei hätte es die Schweiz in der Hand, sich für schwierigere Zeiten zu rüsten und die Selbstversorgung in diversen Bereichen voranzutreiben. Auch Kantonsratspräsident Erich Schudel unterstrich die Wichtigkeit einer intakten Verteidigungsfähigkeit und legte den Fokus auf das Milizprinzip. «Die Stärkung der Armee punkto Ausrüstung und Alimentierung ist zwingend notwendig, dabei darf aber der Zivilschutz auch nicht vergessen werden», stellte Schudel klar und ist überzeugt, «im Ernstfall lohnt es sich, unser schönes Land zu verteidigen.» Diesem Statement dürfte sich auch der Präsident der Schweizerischen Offiziersgesellschaft (SOG), Oberst Dominik Knill, anschliessen. «Die SOG steht für eine starke bewaffnete Neutralität», unterstrich er. Hierfür fordere die SOG eine Erhöhung des Sollbestandes auf 120’000 Angehörige der Armee und ein neues Dienstleistungsmodell. Er appellierte an die anwesenden 54 Offiziere und Gäste im Kantonsratsaal: «Halten sie sich auf dem Laufenden, informieren sie in ihrem Umfeld und korrigieren sie falsche Informationen.»